Kinder an Tablets spielen weniger kreativ

Eine Studie von Forschern der Universität Uppsala und dem Institute of Education am University College London im Vereinigten Königreich kommt zu dem Ergebnis, dass Kinder, die mit Tablets spielen, weniger kreativ und fantasievoll sind als Kinder, die mit physischem Spielzeug spielen. Die Unterscheide seien erheblich und widersprechen Behauptungen, dass neue Technologien Kinder kreativer machen würden.

Das ist von besonderer Bedeutung, da der schwedische Lehrplan in seinen Leitlinien für die Vorschule für Betreuung, Entwicklung und Lernen der Kinder festlegt, dass jedes Kind digitale Werkzeuge nutzen muss, wenn auch mit der eher formalen Einschränkung, dass diese Geräte die Entwicklung und das Lernen fördern sollen.

„Unsere Ergebnisse waren eindeutig, aber auch überraschend, wenn man den Lehrplan bedenkt. Wir hoffen, dass unsere Ergebnisse für das Vorschulpersonal, aber auch für Eltern und andere Personen, die im täglichen Leben mit Kindern und Technologie zu tun haben, sinnvoll und hilfreich sind. Es gibt zwar mögliche Lernmechanismen für das Erkundungsspiel mit Tablets, aber man sollte sich auch bewusst sein, wie sich neue Technologien auf Kinder auswirken“ (Samuelsson)

Zusammenfassung

Während interaktive Touchscreens derzeit Einzug in die pädagogische Praxis halten, ist wenig darüber bekannt, was dies für das Lernen in der frühen Kindheit bedeutet, und insbesondere darüber, wie Touchscreens Handlung und Kommunikation gestalten. In diesem Beitrag untersuchen wir die Interaktionen von 2-jährigen Kindern und ihren Erzieherinnen in einer mehrsprachigen Vorschule in Schweden. Wir analysieren das kommunikative Umfeld zwischen den Kindern, den Erzieherinnen und den gemeinsam genutzten Touchscreens und Büchern im Zusammenhang mit dem Lesen. Es wurde eine Mixed-Methods-Analyse verwendet, die ein Handlungskonzept zugrunde legt, das sowohl verbale und nonverbale Äußerungen als auch digitale Berührungen umfasst. Die Analyse zeigt eine Rekonfiguration der Interaktionsdynamik, bei der die Kinder in den Sitzungen mit dem Touchscreen und beim Lesen von Büchern vergleichbare Mengen an Handlungen ausführen, aber während der Touchscreen-Sitzungen weniger sprechen. Während die Kinder weniger sprechen, zeigen sie jedoch andere Arten von kommunikativen Handlungen. Wir analysieren die sich daraus ergebende veränderte Interaktionsdynamik, ihre Auswirkungen auf das Lernen und die frühkindliche pädagogische Praxis sowie die Frage, wie Interaktion als Kommunikations- und Handlungszyklen neu konzeptualisiert werden kann, in denen sich ein pädagogisches Gerüst entfaltet.

Schlussfolgerungen der Autoreninnen und Autoren

Dieser Beitrag zeigt, wie sich die Handlungsmuster von Kindern bei der Nutzung von Touchscreens verändern und wie das Sprechen abnimmt und stattdessen zunehmend andere Arten von körperlichen Handlungen eingesetzt werden. Dieser Befund hat schwerwiegende Auswirkungen auf die Bildung, da die Veränderung nicht nur in Richtung asozialer Handlungen am Touchscreen geht, da körperliche Handlungen oft kommunikativ sind und ein starkes Signal für pädagogische Unterstützung darstellen. Wir zeigen, dass Touchscreen-Aktionen auch das pädagogische Artefakt verändern und manchmal seine Funktionalität verändern. Wir vertreten eine zyklische Sichtweise der Interaktionsdynamik, bei der Aktionen einen neuen Zustand der Interaktion einleiten können, der neue Funktionen und neue Möglichkeiten des Scaffolding durch einen aufmerksamen und aktiven Lehrer ermöglicht.

Wir haben einige wichtige Erkenntnisse für die Bildung aufgezeigt und einen Beitrag zur Neukonzeption der pädagogischen Interaktionen geleistet. Wir fordern dazu auf, den verschiedenen Arten von Berührungen, ihren Bedeutungen und ihrem pädagogisch sinnvollen Einsatz erneut Aufmerksamkeit zu schenken. Für die pädagogische Praxis ergeben sich neue Interaktionsmöglichkeiten, aber auch mögliche Probleme, die mit diesen Veränderungen verbunden sind, und die es zu berücksichtigen gilt. Das Papier trägt zu einer umfassenderen Betrachtung der Frage bei, wie der Einsatz der Touchscreen-Technologie die Art und Weise verändert, wie wir leben, kommunizieren, interagieren und lernen. Es bedarf noch erheblicher Anstrengungen, um die veränderten Lernbedingungen, die mit den neuen Touchscreen-Technologien einhergehen, besser zu verstehen, und um zu ergründen, was dies für die Bildung in der Zukunft bedeutet.

Die Studien wurden in Zusammenarbeit mit dem Institute of Education am University College London im Vereinigten Königreich durchgeführt und waren Teil des ERC-Projekts „In-Touch“ (https://in-touch-digital.com/).

Die neue Studie setzt eine früheren Beobachtung fort, die die Interaktionsmuster zwischen Lehrern und Kindern mit Tablets untersuchte. Die früheren Studie verglich das Lesen von Büchern mit der Verwendung von Tablets und zeigte , dass Kinder an Tablets weniger sprechen.

Die Studien

Samuelsson, Robin, Jewitt, Carey; Price, Sara (2022). How young children’s play is shaped through common iPad applications: A study of 2 and 4-5 year-olds. Learning, Media and Technology. DOI: 10.1080/17439884.2022.2141252;
https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/17439884.2022.2141252

Samuelsson, R., Price, S., & Jewitt, C. (2022) How pedagogical relations in early years settings are reconfigured by interactive touchscreens. British Journal of Educational Technology, 53:1, 58– 76.  https://doi.org/10.1111/bjet.13152