
Den Herren Prof. Dr. Ralf Lankau und Dr. Matthias Burchardt wurde am 20. Juni 2025 in Wiesbaden der Deutsche Schulbuchpreis verliehen. Der Preis soll ein Zeichen der Anerkennung und des Dankes an Herrn Prof. Dr. Ralf Lankau und Herrn Dr. Matthias Burchardt für die konstruktiv-kritische Begleitung der Digitalisierung des Bildungswesens sein.
Die beiden Wissenschaftler reflektieren die fortschreitende Digitalisierung des Lernens und Lehrens in Schule, Berufsbildung und Hochschule aus einer überzeugenden und umfassenden, personal orientierten, bildiungsanthropologischen Fundierung heraus. Sie tun dies höchst überzeugend in Schriften, Memoranden, Vorträgen, Podiumsdebatten und Landtagsanhörungen. Die beiden leisten damit, mutig auch gegen Widerstände, einen unschätzbaren Beitrag zu einer Besinnung auf eine gleichermaßen humane und soziale Bildung, die dem Bildungsziel autonomer, mündiger, sprachfähiger Persönlichkeiten gilt und nicht auf technizistische, uniforme Prägung ausgerichtet ist.
Für den Verein Lernen für die Deutsche und Europäische Zukunft – Mut zur Bildung e.V.
- Prof- Dr. Walter Schweidler, Vorsitzender des Vereins Lernen für die Deutsche und Europäische Zukunft – Mut zur Bildung e.V.
- Josef Kraus, Vorsitzender des Kuratoriums Deutscher Schulbuchpreis
Laudatio von Privatdozent Dr. Axel Kunze
Verleihung des Deutschen Schulbuchpreises 2025 an Ralf Lankau und Matthias Burchardt
Es war ein Samstagabend, der zu einer abendlichen Radtour mit Kellerbesuch einlud. Da bot es sich an, zuvor noch die Vorabendmesse in Geisfeld vor den Toren Bambergs zu besuchen. Der Ort hat einen wunderschönen Bierkeller. Und seit 1972 eine moderne Pfarrkirche. Denn der Ort war durch den Zuzug von Heimatvertriebenen, Neubaugebiete und den früheren Babyboom kräftig gewachsen, sodass man 1967 beschlossen hatte, die barocke Dorfkirche, von der nur noch der Turm übriggelassen wurde, abzureißen. Mittlerweile ohne Pfarrer, sorgte der Bamberger Liturgiewissenschaftler für die Seelsorge vor Ort (vgl. Geisberg-Regnitztal. Kath. Seelsorgebereich im Erzbistum Bamberg). Und dieser überreichte mir nach der Messe ein Exemplar der örtlichen Pfarrchronik (Augustin Kernebeck, Georg Freisinger: 500 Jahre Pfarrei Geisfeld 1484 – 1984. Gedenkschrift zum Jubiläumsjahr der Pfarrei, Münsterschwarzach o. J. [1984]), darin auch ein Abdruck der Grundsteinurkunde. Und wie begründet man darin den Neubau der Pfarrkirche? Der Mensch des Atomzeitalters brauche auch neue Kirchen.
Mittlerweile ist Deutschland aus der Kernenergie ausgestiegen – eine politische Entscheidung, die hier nicht näher diskutiert werden soll. Aber zum Glück haben wir zwischenzeitlich nicht alle barocken Dorfkirchen abgerissen.
1.) Was hat die einleitende Anekdote mit unserem heutigen Thema zu tun?
In der Anfangseuphorie des Atomzeitalters gab es Rufe nach einer neuen Atomethik, mit Aufkommen der sozialen Medien nach einer neuen Ethik 2.0, während der Coronakrise wurde – so ein Buchtitel – eine Business Ethik 3.0 (Erhard Meyer-Galow: Business Ethik 3.0. Die neue integrale Ethik aus der Sicht eines CEOs, Wiesbaden 2020) gefordert und Thomas Gremsl fragte schon vor drei Jahren, ob es einer Ethik 4.0 für das Zeitalter digitaler Transformation bedürfe (Thomas Gremsl: Ethik 4.0. Der „Faktor Mensch“ in der digitalen Transformation, Paderborn 2022).
Die neue Bundeministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt versprach noch während der Zeit, als sie im Bundeskanzleramt als Staatsministerin für Digitalisierung zuständig war, auf ihrer Internetseite, die „Digitale Schule“ der Zukunft werde „agil, innovativ, international, partizipativ, vernetzt, hybrid, selbstregulativ, projektbezogen“ sein. Die Erwartungen waren und sind hochgesteckt. Und machen mitunter dann doch schneller als erwartet einer Ernüchterung Platz: „Dänemark zeigt deutschen Irrtum“, titelte im vergangenen Monat eine große deutsche Tageszeitung (Die WELT, 26. Mai 2025): „Deutschland“, so hieß es zu Beginn des Beitrags, „will bis 2030 Milliarden in die Digitalisierung von Schulen investieren. Doch ausgerechnet der nördliche Nachbar lässt am Sinn der Offensive zweifeln.“ Die neue Bildungsministerin, Karin Prien, plädiert mittlerweile für ein Handyverbot an Grundschulen. Nahezu kein Medium, in dem nicht über die Gefahren eines übermäßigen Smartphonegebrauchs für Kinder und Jugendliche debattiert wird. Andere Länder haben bereits reagiert, so Frankreich 2018 mit einem Verbot internetfähiger Geräte, die Niederlande 2024 mit einem Smartphoneverbot oder Schweden mit dem Verzicht auf Tablets in Vor- und Grundschulen zugunsten eigens verteilter Bücher. Macron plädiert mittlerweile für ein Smartphoneverbot für Jugendliche unter fünfzehn Jahren (Die WELT, 19. Juni 2025). In unserem Kreis muss ich keine weiteren Beispiele aufführen. Verliert Deutschland den Anschluss – dieses Mal nicht durch ein Zuwenig, sondern ein Zuviel an Digitalisierung in der Schule?
Weiterlesen: Die Laudation von Privatdozent Dr. Axel Bernd Kunze (20 Seiten) als PDF: A. Kunze: Deutscher Schulbuchpreis 2025
* Axel Bernd Kunze (Dozent, PD, Dr. theol., Dipl.-Päd., Zweite Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe II/), Sozial- und Bildungsethiker, Privatdozent für Erziehungswissenschaft an der Universität Bonn, beruflich tätig als Schulleiter.