Auch im Fernunterricht entscheiden Nähe und Beziehung über Lernerfolge

Gegenstand der Studie war die Frage, wie Lehrkräfte während der ersten Phase der Schulschließungen im Frühsommer 2020 aufgrund der Corona-Pandemie den Distanzunterricht gestalteten und wie die Qualität dieses Unterrichts von Schülerinnen und Schülern sowie deren Eltern wahrgenommen wurde.

Das Ergebnis:  Unterrichtsmethoden, die einen persönlichen Kontakt ermöglichen und Beziehungen aufrechterhalten, haben sich als besonders günstig für den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler im Distanzunterricht herausgestellt. Denn auch im Distanzunterricht entscheiden Nähe, Bindung und Beziehung über den Lernerfolg. Dies ist das Ergebnis einer Studie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung an der Universität Tübingen und des Leibniz-Institut für Wissensmedien.

Videomeetings oder persönliche Treffen der Lehrkraft mit einzelnen Schülerinnen und Schülern tragen am meisten zu Unterrichtsqualität und zu Freude am Lernen und Leistungsbereitschaft bei. „Das große Bedürfnis von Schülerinnen und Schülern nach einem persönlichen Kontakt zur Lehrkraft zeigte sich auch eindrücklich an einem weiteren Ergebnis der Studie: Selbstgemachte Videos der Lehrkräfte wurden am besten beurteilt“, so die Bildungsforscherin Ann-Kathrin Jaekel. Nicht das perfekt gestaltete Video sei entscheidend, sondern der persönliche Einsatz der Lehrkräfte.  „Sie wollen lieber die eigene Lehrkraft sehen und das Gefühl haben, da hat sich jemand für uns richtig Mühe gegeben‘“, so Jaekel hinzu. Keine relevante Auswirkung auf die Unterrichtsqualität hingegen zeigten Lernvideos von Drittanbietern auf Plattformen wie Youtube oder Planet Schule.

Lehrkräfte hätten eine große Bandbreite von Gestaltungsmöglichkeiten genutzt, abhängig vom jeweiligen Unterrichtsfach und der Lehrkraft. Während Lehrkräfte der Mathematiklehrkräfte verstärkt selbstproduzierte Lernvideos einsetzten, spielte in Fächern wie Deutsch und Englisch eher die Gruppenarbeit eine größere Rolle. Generell zeigten sich die Formate als besonders lernwirksam, wenn eine persönliche Beziehung zur Lehrkraft oder den Mitschülerinnen und -schülern möglich war und die soziale Interaktion förderte: Auf die Beziehung kommt es an.

Zusammenfassung (Abstract)

Im Frühjahr 2020 wurden Schulschließungen verhängt, um die Ausbreitung der COVID-19-Pandemie einzudämmen. Schüler und Lehrer standen vor der Herausforderung, digitales Lehren und Lernen zu organisieren, ohne genügend Zeit zur Vorbereitung zu haben. In dieser Studie untersuchten wir, wie Lehrkräfte den Unterricht aus der Ferne umsetzten und wie diese unterschiedlichen Umsetzungen mit der von Schülern und Eltern wahrgenommenen Unterrichtsqualität und dem sozialen Engagement der Schüler, der Freude am Lernen, den akademischen Anstrengungen und der wahrgenommenen Kompetenz zusammenhingen. Zu diesem Zweck untersuchten wir die Daten von 277 Lehrern, 3 159 Schülern der Klassen 5 bis 10 und 1 688 Eltern, die den Unterricht in Mathematik, Deutsch und Englisch als Fremdsprache während der Schulschließungen bewerteten. Die Ergebnisse zeigten, dass die Lehrer den Fernunterricht sehr unterschiedlich umsetzen. Unterrichtsmethoden, die eine soziale Verbindung ermöglichen (z. B. Videokonferenzen, vom Lehrer erstellte Lernvideos), zeigten die konsistentesten positiven Assoziationen mit der Bewertung der Unterrichtsqualität durch Schüler und Eltern und den Lernerfahrungen der Schüler.

Jaekel, A.-K., Scheiter, K., & Göllner, R. (2021). Distance teaching during the COVID-19 crisis: Social connectedness matters most for teaching quality and students’ learning. AERA Open.
DOI: https://doi.org/10.1177/23328584211052050
Journal: https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/23328584211052050