Schüler-ID und Bildungsverlaufsregister als Instrumente der Normierung und Standardisierung von Kompetenzen
Zu den Untoten der technikaffinen Bildungsbürokratie gehört die Fiktion, Lernprozesse und ganze Bildungsbiographien nach ökonomischen Prinzipien organisieren, durch Medien(technik) standardisieren und durch kleinteilige Prüfung und Vermessung Lernleistungen und Lernerfolge steuern zu können. In den 1950er Jahren hießen solche kybernetischen Steuerungssysteme „programmiertes Lernen“. In der Informatik wurde daraus das Projekt HPI Schul-Cloud (2016; heute „dbildungscloud„) als „“Ort für Alles“. Im Koalitionsvertrag taucht die Schul- oder Bildungscloud als Schüler-ID und Bildungsverkaufsregister zur Datafizierung von Lernverläufen wieder auf.
Gemeinsam ist diesen Ansätze aus Ökonomie und IT die De-Humanisierung von Schule und Unterricht durch Datafizierung und die Logik der iT.
Ein Kommentar von Ralf Lankau.
Der Beitrag (14 Seiten) als PDF-Datei: R. Lankau (2025) Bildungs-TÜV statt Pädagogik
Die Fakten in Kürze
- Die Datafizierung von Schule und Unterricht mit Bildungs-ID, Bildungsverkaufsregister und immer mehr Tests und personenbezogenen Daten folgt der Logik der Informationstechnologie, der Datenökonomie und normativen Psychologie, nicht der Pädagogik. Der Mensch wird zum Datensatz, durch Tech-Monopole und sozial nur genannte Applikationen und persuasive (verhaltensändernde) Techniken (vermeintlich) steuerbar.
- Ökonomisierung und Psychologisierung von Schule und Unterricht nach Parametern von Metrik (Vermessung) und Statistik mit dem Ziel der Prognostik verschiebt den Fokus des Lernens als individuellem Akt hin zur kleinteiligen Lernstands- als Leistungsvermessungen. Lehrinhalte werden verkürzt auf automatisiert Abprüf- und Messbares. Schulen werden zum ständigen Assessmentcenter, Unterricht dient der Vorbereitung der nächsten Leistungstests wie im Wettkampftraining.
- Schülerinnen und Schüler werden zum (Versuchs)Objekt neuer (Lern)Methoden und permanenter psychologischer Diagnostik. Mitarbeiterstellen, die dringend in der Pädagogik und Betreuung gebraucht würden, wandern in die Administration, Bildungsverwaltung und empirische Bildungswissenchaft, Testorganisation und -auswertung etc. (Hartong, 2019)Die in der pädagogischen Arbeit fehlenden, qualifizierten Fach- und Lehrkräfte werden zunehmend von technische Systemen ersetzt – bis zur Beschulung per Avatar und App.
- Das Trio aus Empirischer Erziehungswissenschaft (mit dem Fokus auf messbare Lernleistungen), der (Lern)Psychologie (mit Fokus auf Methoden und Testung) und Betriebswirtschaftslehre (mit dem Fokus auf Ökonomisierung der Schulen sowie Prozessoptimierung und -steuerung und Kostenreduktion) macht Bildung zur Ware (Jochen Krautz, 2007), degradiert Schülerinnen und Schüler zu Humankapital, das mit für den Arbeitsmarkt „passenden“ Kompetenzen zugerichtet wird.
- Der durch Bildungs-ID und Bildungsverkaufsregister entstehende Datenpool verletzt dabei das informationelle Selbstbestimmungsrecht minderjähriger Schülerinnen und Schüler und gefährdet junge Menschen massiv, falls auch in Deutschland eine autokratische resp. faschistische Partei Regierungsverantwortung übernimmt (wie in den USA, Italien, Schweden etc.). Der Chaos Computer Club (CCC) kommentiert zu Bürger- und Schüler-ID: „In der Folge liefert das (Koalitions-) Papier ein Diktaturbesteck, schlüsselfertig und maßgeschneidert. Die Folgeregierung leckt sich schon die repressionsfreudigen Klauen.“ (https://www.ccc.de/de/updates/2025/ueberwachungshoelle) Der mögliche Zugriff auf diese sehr persönlichen Daten von Kindern und Jugendlichen durch autokratische/faschistische Vertreter muss bereits bei der Konzeption solcher Datenpools bedacht und ausgeschlossen werden, (was letztlich zu Dezentralisierung, genereller Datensparsamkeit und dem regelmäßigen Löschen der Daten zwingt).
- Der aktuelle Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in Schulen wiederholt alle Fehler, die seit 40 Jahren beim Einsatz von IT in Schulen gemacht wurden und werden. KI ist das Instrument der wissentlichen und vorsätzlichen Lernverhinderung und Selbstentmündigung. (Siehe dazu den „IQB Bildungstrend 2024“) mit noch einmal schlechteren Ergebnissen und die MIT-Studie zur „kognitiven Schuld“; https://die-pädagogische-wende.de/wenn-die-ki-das-denken-uebernimmt/). Neben stetig steigenden Defiziten in Mathematik und den Narurwissenschaften droht ein „Sprach-Kollaps“(Prof.‘in Dr. Susanne Lin-Klitzing, Bundesvorsitzende des Deutschen Philologenverbands), weil Kinder und Jugendliche immer früher SprachBots benutzen statt selbst zu formulieren:
„Mangelndes Vorlesen im vorschulischen Alter, übermäßige Nutzung von sozialen Medien, damit einhergehende immer geringere Aufmerksamkeitsspannen, viel Bildschirmzeit und übermäßige und unsachgemäße Nutzung von KI werden Denkfaulheit und Spracharmut bei künftigen Generationen erzeugen“ (Bild, 16.10.25)
- Wer nicht lesen und schreiben, nicht zuhören und logisch denken kann, kann auch nicht selbst formulieren, kann nicht reflektieren oder sachlich diskutieren. Das verhindert Bildungsbiografien durch das Fehlen elementarer Kulturtechniken. Die aktuell in Schulen benutzte Informationstechnologie und die KI-Tools sind daher nicht nur die Instrumente der Konsumentensteuerung (Social Media), sondern in der Hand der US-Tech-Monopole ein Herrschaftsinstrument, um politische Einstellungen und Wahlen zu beeinflussen und letztlich sogar die Demokratie abzuschaffen („Project 2025“, wird derzeit von der Trump-Administration umgesetzt: „Project 2025“ verändert die USA, Tagesschau, 22.10.2025; und „No-Kings Proteste: Wie weit ist Trumps radikaler Umbau der USA?„/PodCast) und Untertanen zu formen. (Mühlhoff, 2025; Rushkoff, 2025, Applebaum, 2025). „Hörige“ nannte Günter Andersch diese Personen in seinen heute wieder aktuellen Buch „Antiquiertheit des Menschen“ von 1956 und den damaligen Diskussionen über kybernetische Techniken zur (medialen) Steuerung von Menschen.
- Digitaltechnik, Netzwerke und KI in der Hand von Tech-Monopolen sind die Werkzeuge, um autokratische Gesellschafts- und Machtstrukturen zu etablieren. Tim Berners-Lee, der „Vater des WWW“, schreibt in seinem neuen Buch (zur Rettung des Internet durch alternative Strukturen statt der Tech-Monopol-Diktatur):
„In den vergangenen Jahrzehnten habe ich dafür gekämpft, , dass das Internet transparent, Open Source und frei zugänglich bleibt. Leider ist in den letzten Jahren neben all der Kreativität, Ermächtigung und Kooperation, die ich am Web so schätze, ein kleiner, aber wichtiger, Teil davon – nämlich die suchterzeugenden Formen von Social Media – zu einem irreführenden und toxischen Suchtmittel herangewuchert. (…) Da aber dieser kleine Teil des Web in so hohem Maße suchterzeugend ist,, verbringen viele Menschen viel zu viel Zeit damit, was wiederum dazu führt, dass der Gr0ßteil des Web-Traffics sich auf eine Handvoll großer Plattformen konzentriert, die die privaten Daten Ihrer User sammeln und sie an profitorientierte Datenhändler verkaufen oder sogar an repressive Regierungen weitergeben.“ (Berners-Lee, 2025, S. 13).
- Daraus ergibt sich zwingend: Wer Schulen und generell Bildungseinrichtungen wieder zu Bildungseinrichtungen im Sinne von Allgemeinbildung und Persönlichkeitsentwicklung machen möchte, muss die Dominanz und den Einfluss der Wirtschafts- und IT-Verbände und der (nur formal gemeinnützigen) Stiftungen ebenso zurückdrängen wie die Dominanz der US-IT-Konzerne und generell der Informationstechnik, Psychologie und Betriebswirtschaft. Zwar gehören Leistungstests zur Schule, aber Bildungsbiografien und Persönlichkeitsentwicklung verlaufen nicht linear. Bildungsverläufe dürfen nicht auf Messbares reduziert und nicht verdatet werden, lokal erhobene Ergebnisse von z.B. Test, Klausuren etc. nur lokal (in der jeweiligen Schule) ausgewertet und anschließend gelöscht werden. In seinem aktuellen Buch zeigt er, wie pervertiert die Idee des World Wide Web durch US-Konzerne, Kommerzialiserung und die Möglichkeit der digitalen Steuerung von Nutzern geworden ist (Stichwort Zuboff „Überwachungskapitalismus“, 2018).
- Tim Berners-Lee hat schon 2019 mit seinem „Contract for the Web“ (deutscht.: https://contractfortheweb.org/de/252-2/) Parameter für ein dem Gemeinwohl verpflichteten Web formuliert, das auch die Grundlage für nichtkommerzielle Angebote für Bildungseinrichtungen auf Basis von Open Source und nicht proprietärer (herstellerunabhängiger) Software und transparente Algorithmen sein muss.
- Zuvor sollte man sich (wieder) darauf einigen, das Bildung eben nicht Ausbildung ist und Schulen keine vorgelagerten Ausbildungsbetriebe für die Wirtschaft sind. Der Schweizer Philosoph Peter Bieri hat es so formuliert:
„Bildung ist etwas, das Menschen mit sich und für sich machen: Man bildet sich. Ausbilden können uns andere, bilden kann sich jeder nur selbst. Das ist kein blosses Wortspiel. Sich zu bilden, ist tatsächlich etwas ganz anderes, als ausgebildet zu werden. Eine Ausbildung durchlaufen wir mit dem Ziel, etwas zu können. Wenn wir uns dagegen bilden, arbeiten wir daran, etwas zu werden – wir streben danach, auf eine bestimmte Art und Weise in der Welt zu sein.“ (Bieri, in NZZ vom 4.11.2005)
- Für die pädagogische Arbeit lautet die alles entscheidende Frage daher: Gelingt es, junge Menschen (wieder) für das Lernen (und Lesen) zu begeistern, damit sie eigene Ideen und Vorstellungswelten entwickeln können, um auf ihre Art und Weise in der Welt zu sein (Bieri, 2005) statt zu Konsumäffchen (Eva Heller im Streit mit Kroeber-Riehhl, 1984) konditioniert zu werden. Intelligenz und Persönlichkeit, Kreativität und Phantasie, Wünsche und Hoffnungen haben ja nur Menschen, nie Maschinen. Dazu muss man den Blick vom Display lösen und in der realen Welt mit anderen zusammen agieren. Der Ort dafür ist die Schule, die Klassen- und Schulgemeinschaft.
Die Hintergründe: Geschichtsblind und wirtschaftshörig
Wer sich mit Bildungspolitik befasst, ist immer wieder erstaunt, wie geschichtsvergessen, fortschrittsgläubig und zugleich technikfixiert in Schulverwaltungen und Kultusministerien argumentiert wird. Durchgängig sind die Klagen über abnehmende schulische Leistungen, ebenso die Hoffnung, mit entsprechenden Medien(technik) – vom illustrierten Bilderbuch des Comenius über Radio, TV, Computer und heute KI-Apps – die Motivation erhöhen, die Lernprozesse optimieren und Lernergebnisse auf möglichst automatisiert) standardisieren zu können. Alle Theorien, Modelle und Methoden basieren im Kern auf einem mechanistischen Verständnis von Lernen – als sei der Mensch eine (Lern)Maschine, die nur den nötigen Input brauche, um den gewünschten Output – prüf- und standardisierte, messbare Lernleistungen – generieren zu können. Das gilt für den PISA-Test der OECD, eines Wirtschaftsverbandes, genau so für VERA, TIMMS und viele andere Schulleistungstests.
Das kann, wer mag, historisch bis zur „Didacta Magna“ von Comenius (zwischen 1627 und 1638 verfasst, publiziert 1657) zurückverfolgen oder dem informationstheoretisch-kybernetisches Didaktik-Verständnis von Auguste Comte und der französischen Schule des Positivismus des 19. Jahrhunderts. Im 20. Jahrhundert waren es dann Psychologen William Stern ab 1900 oder Burrhus Frederic Skinner in den 1950er Jahren, der kybernetische (Steuerungs-)Modelle auf Menschen und Lernprozesse übertragen zu können glaubte. Darauf aufbauend wurden Konzepte wie das TOTE-Modell (Test-Operate-Test-Exit) oder das Reiz-Reaktionsschema SOR (Stimulus-Reaction-Output) der Behavioristen oder Konzepte der instrumentellen Konditionierung entwickelt, die schon qua Begriff die Lernenden als Persönlichkeit entmündigt.
Seit mehr als 40 Jahren ist es nun die IT-Industrie, die ihre Produkte mit den immer gleichen Versprechen (modern, lern- und motivationsförderlich, zeitgemäß) in die Schulen drückt und aktuell bei heutigen KI-Anwendungen behauptet, dass digitale Medien nicht mehr nur das Lernen fördern würden, sondern dass diese technischen Systeme als Avatar und Bot sogar das Unterrichten und Prüfen selbstständig übernehmen könnten. Die Hintergründe dieser mechanistischen und kybernetischen Modelle und die Konsequenzen für Schulen sind auf der Plattform der Pädagogischen Wende mehrfach publiziert, exemplarisch nachzulesen u.a. in den Texten:
- • Ralf Lankau (2025) Maschinen wie wir und Menschen als Maschinen. Wie KI und Bots die Welt retten (sollen) – und was der Haken an der Sache ist, in: Maschinen wie wir? Wie Künstliche Intelligenz Bildung, Wirtschaft und Gesellschaft herausfordert. Herausgegeben von Burkhard Schäffer und Fabio Roman Lieder. Verlag Springer Fachmedien Wiesbaden, ISBN978-3-658-48521-4 (im Druck).
- Aufruf: Humane und emanzipierende Bildungspolitik vs. digitale Transformation
- Lankau: Die pädagogische Wende oder: Über die notwendige Besinnung auf das Erziehen und Unterrichten und
- Ders.: Zwangsdigitalisierung per Koalitionsvertrag? Oder: Von „digital first“ über „digital only“ zur technizistischen Demokratur.
Teil I: Der Koalitionsvertrag als Loblied der Digitaltechnik
Teil II: Konsequenzen für Bildungseinrichtungen
Gemeinsam ist diesen Modellen, dass die Lernenden gerade nicht als Individuen und Persönlichkeiten betrachtet werden, sondern nur noch als ein Parameter in zu automatisierenden Prozessen, hier des Lernens, betrachtet werden. Die zugrunde liegenden, mechanistischen Modelle kommen aus der Psychologie und der Betriebswirtschaft. Beide Disziplinen haben nicht den oder die Einzelnen(n) im Blick haben, sondern adressieren mit Psychotechniken (William Stern u.a.) bzw. Methoden des Total Quality Management (TQM) überindividuell auf Prozessteuerung und Prozessoptimierung. Verloren geht der Mensch als Individuum und Persönlichkeit und wird zu einem, letztlich austauschbaren, Funktionselement in einem (digital)technisch zu optimierenden Prozess – und in der Datenökonomie zugleich Datenlieferant für Statistiken zwecks Optimierung der Systeme.
Das Ziel der Lernsteuerung ist denn auch kein sich entwickelndes Verstehen von Zusammenhängen, um reflektiert agieren zu können – dazu bräuchte der lernende Mensch ein menschliches Gegenüber und den ergebnisoffenen Diskurs – sondern abrufbare Kompetenzen. Mittlerweile werden autonom agierende KI-Systeme in US-Schulen eingesetzt. Der RoBot wird zur Lehrkraft und Lernbegleitung. Aus Pädagogik wird Mustererkennung und Diagnostik, aus interpersonalem Dialog wird kybernetische Konditionierung am Display per Bot. Aus individueller Persönlichkeitsentwicklung in Gemeinschaft nach eigenem Tempo und Neigungen wird automatisierte Zurichtung auf normierte Ziele nach standardisierten Verfahren ohne Rücksicht auf die Person. Menschen werden behandelt wie ein Werkstück, die angeblich „passgenauen“ Angebote durch sich anpassende (adaptive) Lernmodule erlauben zwar unterschiedliche Lernwege zum gleichen Zielführen, führen aber umgekehrt dazu, dass Unterrichtsinhalte und Vermittlungsmethoden sich an Medienformate und Prüfungsformen anpassen – zumal die KI-Systeme auch gleich den Unterricht planen und die Lehrkräfte „entlasten“, die dann nur noch als Sozialcoach die Aufsicht führen.
IT und KI in Schulen: Steuerung und Management statt Pädagogik
Brigitte Schuhmann hat diesen „Hunger auf Bildungsdaten“ in Ihrem Beitrag für Bildungsklick analysiert. (Schumann 2025; Link) Die Erfassung des Schulverlaufs mit der Schüler-ID sei nur der Einstieg in ein allumfassendes Datenprogramm zu verstehen. Ungeklärt sei zwar noch, welche Daten überhaupt erhoben würden. Dafür forderten Wirtschaftsverbände wie der Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten in einem Positionspapier schon mal prophylaktisch, dass „nicht nur Übergänge und Abschlüsse dokumentiert werden müssten, sondern auch Noten und und Daten aus regelmäßigen Schulleistungstests und standardisierten Kompetenzmessungen.“ Auch sollten diese Daten mit anderen Registern und weiteren Forschungsdaten „verknüpfbar“ sein. Wie das mit dem informationelles Selbstbestimmungsrecht und dem besonders notwendigen Schutz der Daten Minderjähriger kompatibel sein soll, bleibt offen. Aber es geht ja nicht um Lernprozesse, sondern um die „ zielgerichtete Steuerung des Bildungssystems“ nach Vorgaben der Wirtschaft (ebda).
Das ForumBildungDigitalisierung (FBD) trägt bereits im Namen seinen Zweck. Im zugehörigen Newsletter liest man Dinge wie: „Zusammenarbeit von Politik, Verwaltung und Bildungswirtschaft: Wir starten das EdTech Policy LabDie digitale Transformation des Schulsystems erfordert eine enge Zusammenarbeit von Politik, Verwaltung und Bildungswirtschaft.“ (Newsletter ForumBildungDigitalisierung, 13.10.2025, Hervorhebung im Original) Interessant ist, dass weder Schülerinnen noch Schüler, Lehrkräfte, Eltern oder Schulverwaltungen angesprochen werden. Im gleichen Newsletter findet sich ein:Gastbeitrag von Prof. Dr. Thomas Irion und Nina Autenrieth mit dem Titel: „Wozu KI in der Grundschule? Sollte das Thema in der Grundschule tabuisiert werden?“, was von den beiden Autoren verneint, aus entwicklungspsychologischer und didaktischer Perspektive aber selbstredend bejaht werden muss. Es ist schlicht Unsinn, den Umgang mit KI-Tools zu üben, bevor das selbständige Denken und Reflektieren überhaupt entwickelt ist.
Stiftungen als Stichwortgeber der Politischen Entscheider
Ins gleiche Horn bläst die Wübben-Stiftung, die ebenfalls das Hohelied der Datafizierung und datengestützen Schulentwicklung vertritt. (Wübben Stiftung Bildung 2023, 2024) Dazu lud die Stiftung die damaligen Bildungsministerinnen Stefanie Hubig (Juristin, Rheinland-Pfalz, heute Bundesministerin für Jutsiz- und Verbraucherschutz ), Karin Prien (Rechts- und Politikwissenschaften, damals Schleswig Holstein, heute Bundesbildungsministerin)) und Theresa Schopper (Diplom-Soziologin, Baden-Württenberg) ein.
Diskutiert wurde über Human-, Sozial- und Entscheidungskapiutal als Basis der digitalen Transformation von Bildungseinrichtungen. Nicht diskutiert wurde über die Sinnhaftigkeit der digitalen Transformation von Bildungseinrichtungen oder über den (UN)Sinn der Vermessung von Lernleistungen als Steuerungsinstrument von Schulen als sozialer Einrichtung. Das ergibt sich aber sachlogisch aus den gesetzten Prämissen. Zuvor wird gegen derzeitige Schulen und Unterrichtskonzepte polemisiert: „Wir reden hier von Schulen, wie sie vor mehr als 100 Jahren gebaut wurden, mit Konzepten, die seit Jahrzehnten von entsprechend ausgebildeten Lehrkräften umgesetzt werden“ formuliert Dr. Markus Warnke, Geschäftsführer der Stiftung, S. 6). Die vermeintliche Lösung sieht er in der “ Erhebung von Daten zur Wirkungsmessung“ von Unterricht. Diskutiert wird nicht über Persönlichkeitsentwicklung und das Erarbeiten von Wissen und Können, sondern über den Aufbau von Kapital (Hervorhebungen im Original):
„Das Humankapital im Schulsystem setzt sich einerseits aus formal erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten zusammen, umfasst andererseits aber auch Einstellungen und Haltungen. Um es für die Transformation eines Schulsystems zu nutzen, muss das Humankapital aller Beteiligten stets reflektiert und kontinuierlich professionalisiert werden (Hopkins, 2022, S. 16).
Eine Schlüsselrolle in der Schultransformation hat das Sozialkapital inne (Hargreaves & Fullan, 2012, S. 92; Nolan & Molla, 2017).Empirisch belegbar ist, dass Schulen mit hohem Sozialkapital unter den Lehrkräften hohe Leistungen bei Schülerinnen und Schülern hervorrufen können. Dies gilt nicht nur für besonders qualifizierte Lehrkräfte. Auch bei Lehrkräften mit eher niedrigem Humankapital lassen sich an Schulen mit hohem Sozialkapital bessere Leistungen von Schülerinnen und Schülern nachweisen als bei vergleichbaren Lehrkräften an Schulen mit niedrigem Sozialkapital (Leana, 2011). (…)
Sozialkapital und Humankapital haben damit auch Einfluss auf das Entscheidungskapital. Dieses beschreibt die Fähigkeit, adaptive Entscheidungen zu treffen, die alle Schülerinnen und Schüler darin unterstützen, ihr Potenzial voll auszuschöpfen. Entscheidungskapital trägt dazu bei, dass sich die professionellen Akteurinnen und Akteure im Schulsystem auf allen Kompetenz-(Wübben-Stiftung, 2025, S. 14)
Das Wübben-Papier wiederum ist die Grundlage für den Abschlussbericht der Enquetekommission zum Thema „Chancengleichheit in der Bildung” zu dem Auftrag des Landtags Nordrhein-Westfalen vom 26.05.2023 und den Landtagsbeschluss NRW:
„In der partei- und länderübergreifenden Publikation „Bessere Bildung 2035“ (Wübben Stiftung Bildung 2025) wird die Einführung von Identifikationsnummern für Schülerinnen und Schüler (Schüler- oder Bildungs-ID) zur Zielüberprüfung vorgeschlagen. Diese kann die Schließung von Datenlücken bei Bildungsverläufen, das Eingehen auf unterschiedliche Voraussetzungen und eine bedarfsgerechte zielgenaue Förderung ermöglichen. Jedem Kind wird eine individuelle Nummer mit der Einschulung oder bereits in der Kita zugeteilt, welche bis zum Schulabschluss gültig ist.“ (Landtag NRW 2025, S. 148f)
Technische Überwachung (TÜ) und automatisiertes Feedback für Schulen
Aber nicht nur das kleinteilige Vermessen wird zum Standard. Die Bertelsmann-Stiftung – eine der über 60 zwecks Steuervermeidung formal gemeinnützigen Stiftungen in Deutschland, die sich mit „Bildung“ befassen – publiziert eine Empfehlungen für eine veränderte Lern- und Prüfungskultur. Experten plädieren darin wenig überraschend „eindringlich“ für die Erhebung von Individualdaten der Lernverläufe und eine darauf basierende „konsequent datengestützte Steuerung auf allen Ebenen des Systems““. Diesen „Datenhunger“ konstatiert sie auch für NRW, wo aufgrund schlechter Testergebnisse ab 2025 auf eine datengestützte Bildungsverlaufsstrategie und die schrittweise Einführung zusätzlicher Lernstandserhebungen in Klasse 2, 5 und 7 gesetzt werde, die die bereits bestehenden standardisierten Tests in Klasse 3 (VERA 3) und Klasse 8 (VERA 8) ergänzen. Dazu käme ein digitales Screening-Verfahren für alle Grundschulen.
Diese Maßnahmen sind zwar nicht lernförderlich, dafür verstärkten sie „den leistungsbezogenen Anpassungs- und Selektionsdruck an vorgegebene Strukturen und Kompetenzerwartungen auf Schüler:innen und Lehrkräfte.“ Das Bremer Institut für Interdisziplinäre Schulforschung (ISF) hat dazu im Jahr 2020 im Auftrag des Grundschulverbandes ein arbeitswissenschaftliches Gutachten mit dem Titel „Zu viele Aufgaben, zu wenig Zeit: Überlastung von Lehrkräften in der Grundschule“ erstellt, das verdeutliche: “ Der entwicklungsbezogene Kompetenzbegriff der Grundschulpädagogik stehe in einem krassen Spannungsverhältnis zu dem einseitig am Ertrag orientierten bildungspolitisch verordneten Kompetenzbegriff.“ Schumann schließt ihren Beitrag mit einem Appell gegen die Datafizierung:
„Um der Normalisierung von Datafizierung im Bildungssystem entgegenzuwirken, die Schulen in letzter Konsequenz zu Datenfabriken und Schüler:innen zu angepassten Objekten von Steuerung, Optimierung und Überwachung macht, muss aus Sicht von Kritiker:innen wie Prof. Karen Joisten die Frage geklärt werden: „Was wollen wir, was Bildung sein soll?“ Diese Klärung verlangt auch aus meiner Sicht nach einem breiten gesellschaftlichen Diskurs.“ (Schumann, 2025)
Widerspruch gegen Schüler-ID von Eltern, Lehrerverbänden, Informatikern
Das korrespondiert mit der Stellungnahme des Bundeselternrats (https://www.bundeselternrat.de/de/home.html), der fordert, dass Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung – insbesondere bei Minderjährigen – Vorrang haben müsse vor dem Datenhunger der Bildungsbürokratie und der kommerziellen Anbieter technischer Lernsysteme und -medien. Daten müssten zudem transparent erhoben werden und die Schüler-ID dürfe nicht von den eigentlichen Baustellen im Bildungssystem – Personalmangel, Unterrichtsausfall, Chancengleichheit – ablenken. Lehrerverbände warnen vor einem „bürokratischen Monster“, der Chaos Computer Club warnt vor massiven Datenschutzproblemen, zumal die versprochene Anonymisierung bzw. Pseudonymisierung von Daten nicht nur selbst widersprüchlich ist, weil ja die angebotenen Inhalte und Förderungen „passgenau“ für die jeweilige Schülerin, de jeweiligen Schüler berechnet würden. Wer sich mit Daten und Datenbanken auskennt, weiß auch, dass anonymisierte Daten re-personalisiert werden können, wie Studien zeigen. Paul Ohm von der Georgetown University Law Center hat bereits im Jahr 2009 darauf hingewiesen, dass die Versprechen der Anonymisierung schon damals gar nicht zu halten waren.
„Informatiker haben kürzlich unser Vertrauen in die Datenschutzkraft der Anonymisierung untergraben, also in Techniken zum Schutz der Privatsphäre von Personen in großen Datenbanken durch das Löschen von Informationen wie Namen und Sozialversicherungsnummern. Diese Wissenschaftler haben gezeigt, dass sie Personen, die in anonymisierten Daten versteckt sind, oft mit erstaunlicher Leichtigkeit „re-identifizieren” oder „de-anonymisieren” können. Wenn wir diese Forschungsergebnisse verstehen, werden wir erkennen, dass wir einen Fehler gemacht haben, dass wir unter einem grundlegenden Missverständnis gelitten haben, das uns viel weniger Privatsphäre garantiert hat, als wir angenommen haben. Dieser Fehler durchzieht fast alle Gesetze, Vorschriften und Debatten zum Datenschutz, doch Regulierungsbehörden und Rechtswissenschaftler haben ihm kaum Beachtung geschenkt.“ (Ohm, 2009)
Eine Studie der Royal Society kam 2019 zu dem Schluss, „dass die Sicherheit von persönlichen Daten in Datenbanken durch Anonymisierung nicht garantiert werden kann, wenn aktiv nach Identitäten gesucht wird.“ (https://netzpolitik.org/2019/weitere-studie-belegt-luege-anonymer-daten/) Wer zudem realisiert, dass die meisten Nutzerinnen und Nutzer heute täglich aktiv im Netz unterwegs sind und in sozial nur genannten Medien oder im Chat mit einem KI-Bot unkontrolliert persönlichste Daten ins Netz stellen, sollte realisieren, dass eine Anonymisierung von personalisierten Daten allenfalls in geschlossenen Netzen möglich wäre. Das wiederum widerspricht den Forderungen der Bildungsbürokratie und die sie antreibende IT-Wirtschaft, die möglichst viel Daten erheben und auswerten möchten.
Beziehung und Bindung als Grundlage für Unterricht statt IT und KI
Wen das alles noch nicht schrecken kann, der sollte verfolgen, was die aktuelle Trump-Administration in den USA tut und postuliert. Google und Apple mussten Apps aus dem Stores entfernen, durch die vor der ICE-Behörde gewarnt wurde, Larry Ellison (Oracle und bester Trump-Buddy) soll der US-Chef von TikTok werden und lässt verlauten, dass das Netz jetzt freundlich würde, weil die US-Amerikaner ja wüssten, dass sie jetzt alles überwachen und sich dank der israelischen Spionage Software Graphite nicht nur in alle Rechnersysteme einhacken könnten, sondern dort sogar verschlüsselte Messenger-Posts mitlesen könnten, von US-Bürgern, die laut Verfassungsgrundsatz des „Freedom oof Speech“ eine maximale Meinungs- und Redefreiheit haben …
Was das alles mit Datafizierung von Schule und Unterricht, mit Bildungs-ID und Bildungsverkaufsregister zu tun hat? Die erste und wichtigste Aufgabe vor jeder Technikdiskussion in Schulen ist die Rückgewinnung des politischen und pädagogischen Raums statt fremdbestimmter digitaler Transformation. Dazu werden hier die wichtigsten Forderungen aus pädagogischer Perspektive wiederholt:
- Re-Humanisierung des Bildungssystems statt Ökonomisierung und Standardisierung durch (Informations-)Technik und Kommerzialisierung durch Privatisierung der Angebote.
- Fokus auf Allgemeinbildung und ästhetische Erziehung statt verkürzender Berufsvorbereitung und Kompetenzorientierung, Medieneinsatz (analog und digital) nur nach Lebensalter der Schülerinnen und Schüler und Fachlogik.
- Primat der Pädagogik, Didaktik und Ethik, Unterricht nach pädagogischen und humanistischen Leitlinien statt High-Tech-Agenda und kleinteiliger Lernstandskontrolle und Leistungsvermessung.
- Generell: Erziehung zu Mündigkeit, zu Reflexionsvermögen und Selbstverantwortung statt Selbstentmündigung durch das Angewiesensein auf technische Systeme (KI).
Die zugehörigen, grundlegenden Parameter sind:
- Bildschirmfreie Grundbildung: Kitas, Kindergärten und Grundschulen bleiben in der pädagogischen Arbeit bildschirmfrei. Die negativen Erfahrungen mit Frühdigitalisierung in den skandinavischen Ländern, der fehlende Nutzen, das Ablenkungspotential und vielfach belegte negative Auswirkungen von digitalen Endgeräten im Unterricht für Lernprozesse, Aufmerksamkeit, Konzentration begründen den Einsatz analoger und manueller Medien und Techniken (Bücher, Schreiben auf Papier, Zeichnen). Der Digitalpakt Schule wird für Kita und Grundschule ausgesetzt, für weiterführende Schulen nach pädagogischen Prämissen neu diskutiert.
- Smartphone- und Social-Media-Regulierungen: An Kitas und Schulen wird ein bundesweites Verbot privater digitaler Endgeräte (Smartphones, Tablets, Wearables, Smartwatches) eingeführt. Die Mediennutzung im Unterricht in höheren Klassen wird altersabhängig1 von der entsprechenden Lehrkraft bestimmt, kommerzielle Netzdienste für unter 16-Jährige beschränkt (Stichwort Australien).
- Mehr qualifizierte Lehrkräfte und Betreuung statt mehr Technik: Notwendig sind für Kitas, Kindergärten und Schulen mehr Erzieher/innen und qualifizierte Lehrkräfte, Psycholog/innen, Schulsozialarbeiter/innen. Das analoge Spiel und Naturerfahrung, der Ausbau von Sport, handwerkliches Lernen, Musik und Theaterspielen müssen schon in der Grundschule im Lehrplan verankert werden.
- Unabhängigkeit von Tech-Konzernen und digitale Souveränität: Werden digitale Geräte im Unterricht gebraucht, werden ausschließlich von der Schule gestellte Geräte genutzt, der Zugang zu Webdiensten ist zu unterrichtsrelevanten Seiten („White List“) möglich. Nutzung von Open-Source-Software und Datenschutz-konformer IT in Schulen ohne Rückkanal für Daten Minderjähriger. Die IT-Branche darf keine Sitze in den Beratungsgremien der Bildungspolitik haben.
Anhang Chaos Computer Club und Chr. Meinel/HPI-Schulcloud
CCC fordert Notbremse für den Überwachungskatalog im Koalitionsvertrag (2025)
Henning (2025) fordert Notbremse für den Überwachungskatalog im Koalitionsvertrag (10. April 2025)
https://www.ccc.de/de/updates/2025/ueberwachungshoelle
- Vorratsdatenspeicherung: Anlasslos sollen alle IP-Adressen und Port-Nummern aller Menschen für drei Monate festgehalten werden.
- „Quellen-TKÜ“ wird ausgeweitet: Das ist der Staatstrojaner, der Kommunikation überwacht. Die Bundespolizei soll jetzt auch hacken dürfen.
- Massenbiometrie: Geplant ist ein „biometrischer Abgleich mit öffentlich zugänglichen Internetdaten“, auch „mittels Künstlicher Intelligenz“ (WTF?). Die Art der Körperdaten ist unbestimmt, vorstellbar sind Gesicht, Stimme, DNA. Außerdem wird eine „biometrische Fernidentifizierung“ erlaubt.
- Rasterfahndung: Für die Datenhalden von Polizeien und Geheimdiensten soll eine „automatisierte Datenrecherche und -analyse“ her. Hessen, NRW und Bayern nutzen dafür eine Software des US-Konzerns Palantir.
- Menschen „mit psychischen Auffälligkeiten“ sollen nach ihrem Gewaltrisikopotential abgeklopft werden, ihnen droht ein „behördenübergreifendes Risikomanagement“. CDU-Linnemann nannte es das Register für psychisch Kranke.
- Noch mehr Überwachungskapitalismus: Wir sollen eine „Kultur der Datennutzung und des Datenteilens, die Datenökonomie etabliert“, übergeholfen bekommen. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verkäme zum Treppenwitz.
- Automatisierte Kennzeichenlesesysteme sollen Fahrzeugkennzeichen aufzeichnen.
- Mehr Videoüberwachung, jeweils da, wo Kriminalität mit vielen Kameras statt mit sinnvollen Maßnahmen bekämpft werden soll.
- Noch mehr geheimdienstlicher Datenaustausch mit noch weniger Kontrolle soll her.
- Die Regierung will das verfälschend „aktive Cyberabwehr“ genannte Hackback ausbauen. Zurück-Hacken ist keine Abwehr, sondern ein Angriff. (Henning,2025)
Christoph Meinel: Eine Vision für die Zukunft digitaler Bildung (2017)
„Nutzer und Anbieter von Lerninhalten können sich voll und ganz auf die Verwendung und Entwicklung dieser (Schul-Cloud, d. Verf.) konzentrieren und dazu beitragen, ein vielfältiges Lernökosystem zu bilden. Jeder registrierte Nutzer kann darüber hinaus ein Lernprofil anlegen, das idealerweise ab der Schulzeit alle relevanten Ausbildungsschritte registriert und den Status der Fortbildung nachvollzieht. Das Bildungscloud-Lernprofil würde so zum persönlichen Lebenslauf werden, der über die individuellen Fähigkeiten und Kenntnisse punktgenaue Auskunft erteilt und so die Bedeutung von weniger aussagekräftigen aggregierten Bewertungssystemen (z. B. Abiturnoten) abnimmt. Es ist heute möglich, mit Hilfe neuester Technologie Nutzer über die Kamera und das Eingabeverhalten ihrer vernetzten Geräte sicher zu identifizieren. So erübrigt sich sogar die Präsenz bei Prüfungen und Zertifikate für online erbrachte Leistungen hätten Gewicht.
Auf der Grundlage des digitalen Lebenslaufs kann die Wahl der Studien- und Ausbildungsrichtung vereinfacht werden und wäre nicht mehr von z. T. zufälligen Noten abhängig, sondern von tatsächlicher, individueller Qualifikation. Die Bildungscloud könnte eine Reihe von zusätzlichen nützlichen Programmen bereitstellen wie beispielsweise einen Bildungsbuddy und einen Bildungscloud-Atlas. Der Atlas verschafft mit einer Lernlandkarte einen Überblick über vorhandene Angebote und verhilft den Nutzern über einen intelligenten Algorithmus, genau die Inhalte zu finden, die für die persönliche Weiterentwicklung relevant sind. Der Bildungsbuddy kann die Lernenden dabei unterstützen, durch den Lernatlas zu navigieren, auf Errungenschaften und Schwächen hinzuweisen und entsprechend Vorschläge für weitere verfügbare Bildungsmodule machen, die auf den erreichten Wissensstand aufbauen.“ (Meinel, 2017)
Literatur und Quellen
Applebaum, Anne (2025) Die Achse der Autokraten, Frankfurt, Büchergilde Gutenberg
Bieri, Peter (2005) Wie wäre es, gebildet zu sein? In NZZ vom 6.11.2005
Bock, Annekatrin et.al. (2023) Die datafizierte Schule / Annekatrin Bock, Andreas Breiter, Sigrid Hartong, Juliane Jarke, Sieglinde Jornitz, Angelina Lange, Felicitas Macgilchrist (Hrsg.); https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-38651-1 (13.10.2025)
Tim Engartner (2024): Raus aus der Bildungsfalle. Warum wir die Zukunft unserer Kinder gefährden, Neu-Isenburg: Westend
Greis, Friedlhelm (2025) Digitalpolitik im Koalitionsvertrag: Überwachung mit Ansage. Union und SPD wollen die Überwachung von Bürgern stark ausbauen. Es drohen Chatkontrolle, Gesichtserkennung und Vorratsdatenspeicherung. 11. April 2025; https://www.golem.de/news/digitalpolitik-im-koalitionsvertrag-ueberwachung-mit-ansage-2504-195246.html (14.10.2025)
Hartong, Sigrid (2019) Learning Analytics und Big Data in der Bildung. Zur notwendigen Entwicklung eines datenpolitischen Alternativprogramms; https://www.gew.de/index.php?eID=dumpFile&t=f&f=91791&token=702ec8d5f9770206a4aa8a1079750ec9021b90bf&sdownload=&n=Learning-analytics-2019-web-IVZ.pdf (20.10.2025)
Henning (2025) CCC fordert Notbremse für den Überwachungskatalog im Koalitionsvertrag, 10. April 2025; https://www.ccc.de/de/updates/2025/ueberwachungshoelle (14.10.2025)
Kreye, Andrian (2025) Anleitung zur Rettung des Internets. Buchbesprechung: Autobiografie des WWW-Erfinders Tim Berners-Lee, in SZ vom10.10.2025, S. 12; https://www.sueddeutsche.de/kultur/tim-berners-lee-autobiografie-internet-erfinder-rezension-li.3313552 (16.10.2025)
Landtag NRW (2025) Abschlussbericht der Enquetekommission zum Thema „Chancengleichheit in der Bildung” zu dem Auftrag des Landtags Nordrhein-Westfalen vom 26.05.2023; Drucksache 18/3865; Datum des Originals: 01.10.2025/Ausgegeben: 01.10.2025; https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD18-15900.pdf (13.10.2025)
Lankau, Ralf (2025a) Zwangsdigitalisierung per Koalitionsvertrag? Oder: Von „digital first“ über „digital only“ zur technizistischen Demokratur; https://die-pädagogische-wende.de/zwangsdigitalisierung-per-koalitionsvertrag/ (13.12.2025)
Lankau, Ralf (2025b) Zwangsdigitalisierung per Koalitionsvertrag? Oder: Von „digital first“ über „digital only“ zur technizistischen Demokratur: Teil II: Konsequenzen für Bildungseinrichtungen; https://die-pädagogische-wende.de/zwangsdigitalisierung-per-koalitionsvertrag-ii/ (13.10.2025)
Lankau, Ralf (2025c) Tim Engartner – Raus aus der Bildungsfalle; Rezension erschienen in engagement 2025 Jg. 43, Heft 1, Zeitschrift für Erziehung und Schule, https://die-pädagogische-wende.de/rezension-engartner-bildungsfalle/ (16.10.2025)
Linß, Vera: Richter, Marcus; Terschüren, Hagen; Dietrich, Phillip; Dreier, Jochen (2025) Bildungssystem:Nutzen der Schüler-ID fragwürdig (6.9.2025); https://www.deutschlandfunkkultur.de/schueler-id-kein-beweis-fuer-wirksamkeit-100.html (14.10.2025)
MDR (2025) Digitale Schülerakte Schüler-ID: Datenschützer warnen vor unkontrollierbarer Datensammlung, 4. Mai 2025; https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/politik/schueler-id-bildung-datenschutz-kritik-100.html (14.10.2025)
Meinel, C (2017): Eine Vision für die Zukunft digitaler Bildung, Online: https://hochschulforumdigitalisierung.de/eine-vision-fuer-die-zukunft-digitaler-bildung/ (19.4.2025)
Meinel, Christoph (2020a) Bildungsdaten der Schüler schützen (16.9.20) https://blog.hpi-schul-cloud.de/individuelle-foerderung-mit-interaktiven-lernsystemen/ (22.10.2020)
Ohm, Paul, Broken Promises of Privacy: Responding to the Surprising Failure of Anonymization (August 13, 2009). UCLA Law Review, Vol. 57, p. 1701, 2010, U of Colorado Law Legal Studies Research Paper No. 9-12, Available at SSRN: https://ssrn.com/abstract=1450006 ; https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=1450006#maincontent
Rushkoff, Douglas (2025) Survival of the Richest, Berlin: SV
Schiefner-Rohs, Mandy; Hofhues, Sandra; Breiter, Andreas [Hrsg.](2024) Datafizierung (in) der Bildung. Kritische Perspektiven auf digitale Vermessung in pädagogischen Kontexten, Bielefeld, Download (PDF): https://www.transcript-verlag.de/media/pdf/29/98/e9/oa978383946582087S3ev3fywhwU.pdf und https://www.pedocs.de/volltexte/2024/28433/pdf/Schiefner-Rohs_et_al_2024_Datafizierung_in_der_Bildung.pdf (13.10.2025)
Schuhmann, Brigitte (2025) Hunger auf Bildungsdaten (Gastbeitrag 25.8.2025). Ohne öffentliche Information und Diskussion wird die Einführung eines bundesweiten Bildungsverlaufsregisters politisch vorbereitet und vorangetrieben. Was bedeutet diese neue Datenstrategie und welchen Mehrwert für Bildung bringt sie? https://bildungsklick.de/schule/detail/bildungsdaten-bildungsverlaufsregister-schueler-id (13.0.2025)
Souvignier, E., Förster, N. & Schulte, E. (2014). Wirksamkeit formativen Assessments – Evaluation des
Ansatzes der Lernverlaufsdiagnostik. In M. Hasselhorn, W. Schneider & U. Trautwein (Hrsg.),
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Wübben Stiftung Bildung (2023): Chancen schaffen. Zur Situation von Schulen im Brennpunkt. Düsseldorf.
Wübben Stiftung Bildung (2024): Familiengrundschulzentren in NRW 2024. Eine Befragung des Impaktlab der Wübben Stiftung Bildung.
Wübben Stiftung Bildung (Hg.) (2025): Bessere Bildung 2035. Gemeinsamer Einsatz für meßbare Ziele. Wübben Stiftung. Düsseldorf: Wübben Bildungsstiftung gGmbH. Online verfügbar unter https://www.wuebben-stiftung-bildung.org/?post_id=20193&download=1