Das nur behauptete Potential von IT im Unterricht

Der dänische Wissenschaftler Jesper Balslev untersucht seit Jahren den Einsatz und die Wirkung von IT im Unterricht. Er kommt zu dem (wenig überraschenden) Ergebnis, dass das immer wieder behauptete „positive Potential“ von IT im Unterricht auch nach mehr als 30 Jahren Praxis nicht belegt werden kann.

In seiner online zugänglichen Dissertation (2020) zeigt Jesper Balslev anhand einer systematischen Evaluation bisheriger Studien zur Wirkung digitaler Lerntools stattdessen auf, dass Versprechen bzw. Hoffnung und tatsächliche Belege digitaler Bildung bislang weit auseinanderfallen.

Jesper Balslev: Evidence of a Potential
The political arguments for digitizing education 1983-2015
Aus der Zusammenfassung der Thesis:

Mit der Verbreitung digitaler Technologien in der Bildung seit den frühen 1980er Jahren hat sich die Praxis durchgesetzt, die Auswirkungen der Bildungstechnologie auf die Bildungsparameter zu bewerten. Zahlreiche systematische Übersichten und Meta-Analysen zeigen, dass der Nachweis des Nutzens schwer zu erbringen ist und dass es kaum wissenschaftliche Belege für die Effizienz neuer digital unterstützter Lernmodelle gibt. (…)
Die Dissertation zeigt, dass die Argumente für den Wert von IKT im Bildungswesen von evidenzbasierten Methoden dominiert werden, dass aber die Interpretation der quantitativen Berichte zu einem großen Teil auf einem Idealismus beruht, der von der kontinentalen pädagogischen Theorie inspiriert ist. Dieser Idealismus wirkt sich wiederum darauf aus, was als gültige Daten angesehen wird – und entwickelt sich allmählich zu historisch neuen Formen der Evidenzpraxis. Daher auch der Titel der Dissertation: „Evidenz eines Potentials“.

Siehe auch den (englischen) Gastkommentar von Balslev auf der Website des Projekts „Unblack the Box (unblackthebox.org) vom 3. Dezember 2021:

Is the current use of ICT in education in Denmark warranted by Corona-evaluations?