Digitale Souveränität und Digitale Selbstverteidigung

Würden Sie so freundlich sein, und mir eben die Inhalte Ihrer Taschen zeigen? Ja?, gerne auch die Arbeitstasche und ihr Portemonnaie. NEIN? Warum erlauben Sie das dann Google, Meta, also Facebook und Instagram und Co?

Von Stephan Schimmelpfennig-Könen; in: HLZ 7/822, Zeitschrift des GEW LV Hessen

er heutzutage im Internet unterwegs ist, und wer ist das nicht, hinterlässt zwangsläufig eine Vielzahl von Datenspuren. Für diese Daten gibt es viele Interessenten. Um nun an ihre Daten zu kommen und am Ende, wenn möglich, ein Persönlichkeitsprofil erstellen zu können, haben sich die Internetkonzerne einiges ausgedacht, bzw. von willfährigen Programmierern ausdenken lassen. Es gibt allerlei Arten von Cookies, Trackern, also kleinen Helfern, die den Konzernen erlauben zu schauen und zu archivieren, wer, wann auf welchen Internetseiten unterwegs war, von welchen er kam, wie er die Seiten genutzt hat, was Sie oder ihn interessierte, wie lange er oder sie verweilte und so weiter.

Schon bei der einfachen Suche mit „Google“ geht es los: Auch ohne Google-Konto werden die folgenden Daten gespeichert.

  • der Länder-Code, damit Google weiß, wo du dich befindest
  • die IP-Adresse, quasi das Kennung des genutzten Computers oder Smartphones
  • die Sprache, in der die Suche getätigt wird
  • die Suchanfrage selbst, wodurch Google deine Vorlieben, Hobbys oder Neigungen kennt
  • Betriebssystem, Land, PC oder Smartphone Kennung, Gerät.
Spitze des Eisbergs
(c) 2021 eBlocker Open Source Hamburg

Aus dem benutzten Gerät kann dann auf Deine potentielle Zahlungsfähigkeit geschlossen werden und es werden Dir entsprechende Angebote gemacht. Mit Tracking-Cookies lassen sich Merkmale von die Nutzer und Nutzerinnen über verschiedene Websites hinweg verfolgen. Session Replay oder Session Recording bedeutet, dass Tracker sämtliche Interaktionen von Besuchern auf einer Website aufzeichnen – worauf sie klicken, wie weit sie scrollen, oder was sie eingeben – um dadurch zu analysieren, was sie auf dieser Website tun.

Mit Facebook und Instagram Nutzung legst Du sozusagen Deine Persönlichkeit offen:
Es gibt wirklich zehntausende Kriterien, mit denen Facebook speichert, das geht vom Geschlecht bis hin zu Personen, mit denen du am meisten kommunizierst, Gruppen, in denen du gerne Beiträge teilst ,welche Facebook-Seiten bevorzugst, welche Facebook-Seiten du ggf. erstellt hast, welchen Facebook-Gruppen du angehörst, welche Facebook-Gruppen du erstellt hast, welche Werbung auf Facebook du dir ansiehst,….
So können Google und Facebook sehr schnell ein Soziogramm Deiner Persönlichkeit erstellen.

Profilanreicherung & datenhandel
(c) 2021 eBlocker Open Source Hamburg

Diese Daten werden dann von den Algorithmen benutzt, um sogenannte Persönlichkeitsprofile der Nutzerinnen und Nutzer anzulegen. Dabei geht es dann um:

  • dein Persönlichkeitsprofil (Interessen, Einstellungen, Kompetenzen)
  • dein Beziehungsprofil (Freunde, Arbeitskollegen, Verwandte)
  • dein Bewegungsprofil (wo du wann wie lange bist)
  • sowie Informationen über deine Gesundheit, finanziellen Verhältnisse etc.
  • geschlechtliche Orientierung, Vorlieben
  • politische Einstellungen, ggf. Gewerkschaftszugehörigkeit, bis hin zu vermuteten Charaktereigenschaften und Fähigkeiten.
  • Mit den Geodaten Deiner Fotos kann überdies ermittelt werden, wo Du Dich mit wem wie lange aufgehalten hast.

Es ist einigermaßen erschreckend, wie wenig die Nutzerinnen und Nutzer darüber aufgeklärt sind. Das Benutzen von Smartphones erhöht die Möglichkeiten des Datensammelns um ein Vielfaches. (E.Snowden: Permanent Record).
Manche Kolleginnen und Kollegen sind bereits fortgeschritten in ihrer digitalen Selbstverteidigung. Für alle anderen, die unterstützung benötigen, gibt es interessante Hilfestellungen.

Digitale Selbstverteidigung:

Um der Daten Schnüffelei etwas entgegen zu setzen, gibt es auch für Laien einige gute Möglichkeiten.

  1. Verwende nach Möglichkeiten nicht Google als Suchmaschine, sondern Alternativen, die laut Bekunden ihren Suchverlauf nicht speichern: Metager, Duck Duck Go, Ecosia,
  2. Als Browser meide Google Chrome, oder Microsoft Edge. Verwende stattdessen Firefox, oder Brave. Firefox lässt sich mit sogenannten Add Ons ziemlich sicher machen.
    Teilweise wird die Bedienung etwas schwerer, aber das sollte die digitale Souveränität Wert sein.

Es gibt viele Add-Ons bzw. Plug-Ins, die Tracking blockieren. Eine Liste findet man bei Firefox unter Add-Ons in den Einstellungen. Hier ist „Mehr“ nicht besser, da diese auch das Surfen verlangsamen können. Privacy Badger und uBlock origin reichen nach Auskunft von Fachkundigen aus. Wer vollkommen anonym surfen möchte benötigt eine Anonymisierung der IP-Adresse. Entweder über das kostenfreie TOR-Netzwerk oder einen kommerziellen VPN-Anbieter.

Eleganter ist ein Netzwerk Filter, der sogenannte Eblocker, mit dem auch anonym gesurft werden kann. Das ist ein Mini Computer, der mit dem Router kombiniert wird und einen sehr guten Schutz gegen unerwünschten Datenabfluss bietet. Der Bau und die Installation sind mit etwas Aufwand verbunden, der Schutz schließt aber Smartphones und Tablets und sogar Smart TVs ein. Überdies handelt es sich um ein gemeinnütziges open source Projekt, das von engagierten Datenschützern vorangetrieben wird.Anbauanleitungen und weitere Informationen befinden sich auf der Website: www.eblocker.org

Für aktive Schulgruppen, Personalräte, Datenschutzbeauftragte und kompetente Schulleitungen besteht die Möglichkeit, sich direkt mit de IT Abteilungen der Schulträger in Verbindung zu setzen und solidarisch zu erörtern, wie dem Datensammeln und der Bildung von Persönlichkeitsprofilen Einhalt geboten werden kann. Das könnte auch ein Thema einer Gesamtkonferenz sein, zu der Fachleute eingeladen werden.

Leider gibt es mächtige staatliche und europäische Institutionen, die unter dem Vorwand der Verhinderung von Kindesmissbrauch selbst die Chats mitlesen wollen. Die Firma Apple will sogar die Fotos auf den privaten Smartphones oder Tablets scannen lassen, derzeit wird „nur“ die Cloud überprüft. Dieses Vorhaben liegt nach Protesten für EU Bürger einstweilen auf Eis. Auch staatl. Dienste aller Art haben Interesse an Daten aller Art.

Wer sich in diesem Bereich engagiert, sollte aber wissen, dass er oder sie mächtige und finanzstarke Gegner und oftmals die Unwissenheit und Bequemlichkeit der Kollegenschaft gegen sich hat.


Stephan Schimmelpfennig-Könen lehrte über 35Jahre im hessischen Schuldient. Dank an Christian Bennefeld für die Zustimmung zum Abdruck der Abbildungen.

Weitere Informationen zum Schutz vor Datenkraken: