Ein pädagogisches Desaster

Von: Monika N.

Was wir seit nunmehr über einem Jahr an den Schulen erleben, kommt meines Erachtens einem pädagogischen Desaster gleich. Fast alles, was Schule einmal ausgemacht hat und was mich als Lehrerin für diesen ehemals so bunten, vielfältigen, lebendigen sozialen Raum eingenommen hat, ist verschwunden. Seit mehreren Monaten tragen SchülerInnen wie LehrerInnen bei uns in Österreich an den weiterführenden Schule Masken, seit einiger Zeit sogar durchgehend FFP2-Masken. Keines der früher oft so strahlenden jugendlichen Gesichter ist mehr zu sehen. Das lebendige Miteinander, die spielerische Aneignung von Lerninhalten, das Lachen, die offene Kommunikation – es ist alles weg.

Noch vor einem Jahr haben die allermeisten KollegInnen ausgeschlossen, dass sie jemals mit Maske unterrichten würden – nunmehr tun sie, als ob es bereits normal wäre. Noch vor Kurzem waren viele der Ansicht, dass die lange Zeit des Homeschoolings im letzten Frühjahr pädagogisch verantwortungslos gewesen sei – mittlerweile fehlt ihnen jedes Verständnis dafür, dass SchülerInnen heute weniger können als früher. Sie prüfen, testen, mahnen und verteilen schlechte Noten, ohne mit der Wimper zu zucken; und sie würden auch jede weitere Schulschließung widerstandslos mittragen. Noch vor nicht allzu langer Zeit herrschte unter gar nicht so wenigen PädagogInnen Konsens darüber, dass Schule vor allem soziales Lernen bedeuten würde – heute erachten dieselben Gruppenarbeiten für unverantwortlich, sie strafen, wenn sich SchülerInnen zu nahe kommen und nehmen es billigend in Kauf, wenn Schulveranstaltungen verboten werden.

Im März 2020 konnte ich nicht glauben, welche Entwicklung mit dem ersten Lockdown losgetreten und befeuert wurde. Im April 2021 kann ich angesichts der mittlerweile noch viel schlimmeren Zustände und der allgemeinen Zustimmung zu Lockdown & Co nur kapitulieren. Zu keinem Zeitpunkt wurde von den Schulen eine pädagogische Sichtweise vertreten oder eingefordert. LehrerInnen, DirektorInnen, Schulbehörden, Bildungspolitiker, Gewerkschaften – (fast) alle haben sich der streng virologischen Perspektive unterworfen; ja, sie alle argumentieren, als wäre es die einzig vernünftige Sicht auf den Menschen, die Gesellschaft und die Welt. Wie es den Kindern und Jugendlichen wirklich geht, was all die Maßnahmen für ihre körperliche und seelische Entwicklung bedeuten, interessiert die wenigsten. Aus meiner Sicht ist es nichts anderes als ein pädagogisches Totalversagen, was da vonstatten geht. Und ich fürchte, dass wir da auf absehbare Zeit auch nicht mehr herauskommen werden.


PS: Auf dem Blog, den ich seit mehreren Jahren betreibe, habe ich, wiewohl ich eigentlich immer noch sprachlos bin, bereits mehrere Artikel zum Thema Corona verfasst. Unter draufgschaut.wordpress.com kann man diese nachlesen.