Wirtschaftliche Interessen sind wichtiger als Technikfolgeabschätzung und Verantwortung für mögliche Folgen. Diese Bedenken formulierte Norbert Wiener, Namensgeber der Kybernetik (heute: KI) bereits 1947 in der ersten Auflage seines Kybernetik-Buchs „Cybernetics. or Control and Communication of the Animal and the Machine“ (publiziert 1948).
„Diejenigen von uns, die zu der neuen Wissenschaft Kybernetik beigetragen haben, sind in einer moralischen Lage, die, um es gelinde auszudrücken, nicht sehr bequem ist. Wir haben zu der Einführung einer neuen Wissenschaft beigesteuert, die, wie ich gesagt habe, technische Möglichkeiten mit großen Möglichkeiten für Gut und Böse umschließt. Wir können sie nur in die Welt weitergeben, die um uns existiert, und dies ist die Welt von Belsen und Hiroshima.
Wir haben nicht einmal die Möglichkeit, diese neuen technischen Entwicklungen zu unterdrücken. Sie gehören zu diesem Zeitalter, und das Höchste, was irgend jemand von uns tun kann, ist, zu verhindern, daß die Entwicklung des Gebietes in die Hände der verantwortungslosesten und käuflichsten unserer Techniker gelegt wird.“ (Wiener, 1963 S. 61f)
Norbert Wiener antizipierte damit bereits vor den ersten Anwendungen der erst 1956 in „Artificial Intelligence“ (AI) umbenannten kybernetischen Systeme die potentiellen Missbrauchspotentiale dieser extrem leisungsfähigen Dual Use-Technologien, die von der Scientific Community erst Jahre später in den Asilomar-Prinzipien formuliert und heute bei den Machtkämpfen der Anbieter der generativen KI zu konstatieren sind.
Dabei gilt einmal mehr: Die sozialen und demokratischen Gemeinschaften werden nicht durch digitale Techniken an sich bedroht, sondern durch das, was Menschen damit machen. Akut und berechtigt sind diese Ängste, weil es nicht mehr Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wie bei den Macy-Conferences (1946-1953) sind, die über Techniken und Anwendungen entscheiden, sondern Investoren, Techniker und Informatiker. Diese verantwortungslosesten und käuflichsten Techniker und Kooperationspartner (Prrogrammierer, Marketingvertreter, Psychologen) lassen sich von A (Sam Altman, Open AI) bis Z (Marc Zuckerberg, Meta) ausbuchstabieren.
Exemplarisch genannt sei hier nur Eric Schmidt (vormals Google), der en der Stanford Graduate School of Business, einer Kaderschmiede der IT-Industrie des Silicon Valley, einen Rede hielt . Darin rät er unverhohlen zu Rechtsbrüchen und kriminellen Handlungen, um möglichst schnell möglichst viel Geld zu machen
Das Silicon Valley: Räuber und ihre Anwälte
Was man Studierenden (nicht) als Maxime mit auf den Weg geben sollte
FAZ: Erst rauben, den Rest machen die Anwälte.
Der frühere Google-Chef Eric Schmidt spricht Klartext über den Markt der Künstlichen Intelligenz. Die Rechte von Urhebern zählen nicht, es sei wie im Wilden Westen: „Boom, boom, boom, boom“. Nina Rehfeld, FAZ vom 20.08.2024, S. 13
Wiener, Norbert (1948): Cybernetics. or Control and Communication of the Animal and the Machine, dt . Kybernetik. Regelung und Nachrichtenübertragung im Lebewesen und in der Maschine (zitiert nach der 1. deutsche Auflage, Düsseldorf, 1963)