Bildungsgewinne von Präsenz- vs. Fernunterricht in Grund- und Sekundarschulen

Ein natürliches Experiment während der COVID-19-Pandemie Schulschließungen in der Schweiz

Martin J. Tomasik, Laura A. Helbling, Urs Moser

In einer Schweizer Studie von Tomasik, Helbling und Moser (2020), werden die Auswirkungen auf das Lernen einer achtwöchiger Schulschließungen mit den Lernerfolgen im Präsenzunterricht in den acht Wochen zuvor verglichen. Während im Präsenzunterricht kaum Unterschiede im Lernfortschritt zwischen einzelnen Schülerrinnen und Schülern beobachtet wurden, nahm die Heterogenität durch die Schulschließungen deutlich zu.

Während Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe ihr Lerntempo im Fernunterricht in etwa halten konnten, halbierte sich das Lerntempo bei Kinder an Grundschulen. Begründet wird das mit sozio-ökonomischen Faktoren. Jüngere Schülerinnen und Schüler seien stärker auf wirksame kognitive Unterstützung während des Lernens angewiesen, da ihre Fähigkeiten für selbstreguliertes Lernen erste entwickelt werden müsste. Jüngere Schülerinnen und Schüler litten auch stärker unter der Pandemie und bei Grundschulkindxern im Distanzunterricht sei der Einfluss des Elternhauses auf den Lernerfolg deutlich, der ausgleichende Effekt der Schule auf soziale Disparitäten entfalle.

Tomasik, M. J./ Helbling, L. A./ Moser, G.
Educational Gains of In-Person vs. Distance Learning in Primary and Secondary Schools: A Natural Experiment During the COVID-19 Pandemic School Closures in Switzerland. International Journal of Psychology, 2020.

Abstract

Unter Verwendung von Daten eines computergestützten formativen Feedbacksystems vergleichen wir Lernzuwächse in den 8 Wochen der Schulschließungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie in der Schweiz mit Lernzuwächsen in den 8 Wochen vor diesen Schulschließungen. Die Schulleistungen in Mathematik und Sprache von N = 28.685 Schülern werden in stückweisen latenten Wachstumsmodellen zweiter Ordnung mit strenger Messinvarianz für die beiden untersuchten Zeiträume modelliert. Während die Schüler der Sekundarstufe in Bezug auf den Lernzuwachs weitgehend unbeeinflusst von den Schulschließungen bleiben, verlangsamt sich bei den Grundschülern das Lernen und gleichzeitig steigt die interindividuelle Varianz im Lernzuwachs. Fernunterrichtsarrangements scheinen ein effektives Mittel zu sein, um das persönliche Lernen zu ersetzen, zumindest in einer Notsituation, aber nicht alle Schüler profitieren in gleichem Maße.