Schul- und Kitasituation

Von Nicole L.

Meine Wünsche zu erst:

  1. Sofortige Öffnung aller Schulen und Vereine/Freizeitangebote.
  2. Keine Masken in den Schulen draussen für Kinder.
  3. Entlastung für alleinerziehende Mutter/Väter ohne viel Hürden.
  4. Pandemie-Regeln extra für Kinder, die sich am Kindeswohl, Entwicklungsstand und Alter orientieren.
  5. Mediale Hysterie muss endlich aufhören. Mehr positive Berichterstattung.
  6. Wissenschaftlich fundierte und belegbare Grundlagen für Pandemie Regeln

Zu den Fragen:

Wie geht es mir mit der Schul- und Betreuungsorganisation?

Ich habe drei Kinder (2, 7 und 14), bin Vollzeit berufstätig und alleinerziehend. Wir hatten seit Beginn der Pandemie nur einen einzigen Quarantänefall in den Betreuungseinrichtungen meiner Kinder!

Kita: Seit November 2020 verkürzte Öffnungszeiten. Erst seit Januar kann ich jeden Monat! einen Antrag stellen, um die bezahlten Gebühren zurückzufordern. Mein kleiner Sohn musste das ganze Jahr 2020 über mit ständigen Wechseln der Betreuungssituation zurecht kommen(Wechsel Tagesmutter – Lockdown-Notbetreuung- Sommerschliesszeit-Kitastart-Notbetreuung – Quarantäne usw.). Bis heute verweigert er noch nahezu jeden Morgen den Gang in die Kita. Ich kenne nur einen Bruchteil der anderen Kinder in seiner Kitagruppe. Eltern kenne ich keine. Und ich habe noch Glück im Unglück. Ich kenne seine Kita bereits durch seinen Bruder. Sonst würde ich noch nicht mal die Erzieher kennen, die mein Kind so lang am Tag betreuen.

Der bürokratische Aufwand bzw.die wöchentliche Emailflut durch die Kita ist eine zusätzliche Herausforderung. Mittlerweile diskutiere ich nicht mehr mit den Erziehern, wann ich das Kind Zuhause lassen kann oder nicht. Er geht 5 Tage die Woche in die Kita. Die anderen sind mir da herzlich egal. Ich bin für dieses eine Kind verantwortlich – nicht für die anderen. Wollen alle an 5 Tagen gehen, muss die Kita schauen. Die Kita schaut mittlerweile aber genauer hin nach Notwendigkeit. Ganz wunderbar ist die regelm. gegenseitige Anerkennung der Leistung der Eltern und der Kita in diesen Zeiten.

Schule: Mein Grundschüler war im ersten Lockdown gerade im zweiten Halbjahr der 1. Klasse. Die Schulschließung war für ihn und mich eine Katastrophe. Er ist absolut nicht fürs Homeschooling gemacht. Er war aggressiv, weinte, konnte kaum zum arbeiten Zuhause motiviert werden. Der fehlende Kontakt zu anderen Kindern liess ihn verzweifeln. Wir haben daher eine 3er-Gruppe mit seinen engsten Freunden gebildet, die sich regelm. draussen zum Spielen getroffen hat. Die Kinder treffen sich nach wie vor ( egal in welcher Betreuungsgruppe sie sind) und es entspannt alle (Kinder wie Eltern). Der regelm. Austausch mit seiner Klassenlehrerin war sehr gut und notwendig. Mittlerweile ist seine Grundschule ganz toll und kreativ mit ihrem Homeschoolsystem unterwegs.

Der wieder eingeführte Wechselunterricht tut allen gut. Die kleine Klasse genießt er sehr. Die Notbetreuung ist jedoch noch ausbaufähig. Er muss draussen auf dem Schulgelände Maske tragen. Mittlerweile ist sein Gesicht sonnengebräunt – er hat links und rechts die Maskenbänder als Abdruck. Ein Unding. Ich muss ihn im Familienalltag immer wieder daran erinnern die Maske abzunehmen, wenn wir sie vorher tragen mussten. In der Schule hingegen fällt es ihm immer schwerer die Maske korrekt zu tragen – oft ist er in Gedanken und verzieht sie oder verrutscht sie. Seit Mai 2020 ist er jeden Tag in der Notbetreuung. Das tut ihm gut. Ohne unser Engagement und den Kontakt zu anderen gleichaltrigen Kindern wäre er schon längst ein Fall für den Psychologen gewesen. Ich habe noch sehr grosses Glück, dass er aus einer Akademikerfamilie kommt. Er liest gern und interessiert sich für viele Sachen. Seine Schule boxt keinen Lehrplan durch und schaut auf die Kinder individuell und ermöglicht ihnen immer wieder positive Erfolgserlebnisse. Dafür bin ich unendlich dankbar.

Mein Gymnasiast ist seit dem ersten Lockdown vielleicht insg. 3 Wochen in der Schule persönlich anwesend gewesen. Sein bester Freund ist sei Handy. Meiner Meinung nach ist er komplett vereinsamt. Es fiel ihm schon vor der Pandemie sehr schwer von sich aus andere Gleichaltrige zu besuchen. Kontakte zu anderen Jugendl. hatte er vorrangig in der Schule oder durch unsere Treffen als Familien. Trotz aller Bemühungen ist er nicht in der Lage sich draussen zu verabreden. Er sagt, er habe ja den Klassenchat. Da ich jeden Tag arbeite, ist er allein Zuhause. Die ganze Zeit. Ich halte übers Handy mit ihm Kontakt. Löse Probleme mit den Videokonferenzen, motiviere, leiste Zuspruch, Sorge für Entspannung. Eigentlich sollte er in diesem Alter draussen mit seinen Freunden abhängen, das Leben genießen. Er ist sehr gut organisiert (war harte Arbeit am Anfang und erst auf Nachfrage organisierte die Schule Infos zu Wochenplänen etc. und leistete etwas Erziehungsarbeit). Ich war sehr enttäuscht von der Schule, die die Kids und uns Eltern komplett allein liess. Mittlerweile geht es besser.

Die Videokonferenzen funktionieren zu 70%. Gemeinsame Begegnungen, kreative Ideen usw., organisiert durch die Schule, sind gleich Null. Es geht nur um reine Wissensvermittlung. Der Lehrplan muss durchgezogen werden. Das macht mich wütend. Es werden Noten verteilt. Ein Zeugnis hat er dieses Jahr jedoch nicht gesehen. Wir Eltern werden teilweise mit E-Mails genervt, die wir an unsere Kinder weiterleiten sollen. Wir sollen alles ausdrucken, verteilen etc. Ich komme mir vor wie ein Handlanger des Lehrpersonals. Anerkennung und Wertschätzung der Leistung der Kinder während der bisherigen Pandemie gibt es nicht (gab es aber auch schon vorher kaum). Das einzig Gute an dem Ganzen für mich war, dass ich genau sehen konnte, wie einzelne LehrerInnen ticken und welche Haltung sie den Kindern entgegenbringen. Manche sollten sich einfach schämen. Beziehungsarbeit am Gymnasium? Für die Füsse. Am schlimmsten ist, dass wir Eltern und Schüler die Kinder zu mündigen Bürgern erziehen sollen. Von dieser Zusammenarbeit sehe ich bei meinem Gymnasiasten rein gar nix. Partizipation der Kinder? Gibt es nicht.

Mein Beruf: Ich arbeite im Sozialen Dienst eines Jugendamtes. Ich muss abends/nachts die verpassten Stunden nacharbeiten, die durch die verkürzte Öffnungszeit der Kita entstehen. Ende 2020 war ich körperlich und seelisch fast am Ende, der Gang in die psychologische Praxis notwendig und zum Glück richtig hilfreich. Dort habe ich meine Haltung zu dem ganzen gefunden. Ich lehne Homeoffice komplett ab. Ich will diese Arbeit einfach nicht Zuhause haben, in meinem privaten Schutzraum. Mein Arbeitgeber unterstützt mich dabei – vor allem aber die KollegInnen ermöglichen mir durch ihr Homeoffice Präsenz am Arbeitsplatz. Dafür bin ich sehr dankbar. Im ersten Lockdown war ich noch mit Kleinkind Zuhause und musste die Option Homeoffice austesten. Einen zweijährigen zu beaufsichtigen und gleichzeitig Kindesschutz am Telefon zu betreiben ist jedoch unvereinbar. Das die Bundesregierung das wirklich als eine tragbare Option ansieht, lässt mich kotzen. Das Jugendamt wurde in Hessen als letztes systemrelevant. Auch was die Impfungen angeht werden wir immer wieder vertröstet. Die Politik hat keine Ahnung vom Kindesschutz und gibt diesem auch keine Priorität. Ein paar Mal schon war ich kurz davor nach Wiesbaden zu fahren und dem zust. Ministerium die Meinung zu geigen. Kinder sind die Zukunft. Davon sehe ich in Deutschland aber herzlich wenig. Ich hoffe auf die Widerstandsfahigkeit der Kids und dass sie vielleicht anders, aber dennoch gestärkt aus der Pandemie herauskommen.

Ohne meine Mutter, die oft in der Betreuung eingespringt, mir Auszeiten verschafft, mir ihren Laptop leiht fürs Homeschooling, hätte ich meinen Job schon längst an den Nagel gehängt.